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Hilfeschrei des Haiminger Forchet

Hilfeschrei des Haiminger Forchet
Foto: Haiminger Forchetwald (Foto: Marianne Götsch)

Das Haiminger Forchet ist ein wertvoller Naturraum im Bereich des Tschirgant-Bergsturzes. Es stellt nicht nur einen ökologisch einzigartigen Lebensraum dar, sondern ist auch ein beliebtes Naherholungsgebiet. Dieser letzte verbliebene Naturwald im Talboden des Tiroler Inntales wird zunehmend gerodet, um neues Bauland zu erschließen. Mit der Genehmigung des Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Haiming durch das Landesverwaltungsgericht schreitet die Zerstörung einer letzten Insel von Naturbelassenheit im intensiv genutzten und dicht verbauten Inntal weiter fort.

Das Forchet hat nun, in Gestalt eines Haiminger Bürgers, einen Hilfeschrei in Form eines Leserbriefes ausgesandt:

Meine lieben Oberländer!

Ich bin’s euer Haiminger Forchet. Habt sicher schon von mir gelesen in letzter Zeit. Nicht gut steht's, darum wollte ich mich melden.

An die Wäsche soll’s mir gehen, von allen Seiten. Baubedarf gibt es, Wohnprojekte und Industrieflächen wollen sie von mir haben. Weil es halt alles viel zu wenig sei, drum gibt es keine Alternative. Dabei ist Österreich ja eh schon Flächenverbrauchs-Europameister, Tirol intern am Stockerl, ja und Haiming ganz vorne im Spitzenfeld des Oberlandes. Aber müssen wir unbedingt in dieser Disziplin so erfolgreich sein? Es gebe auch andere tolle Wettbewerbe wie Nachhaltigkeit oder Naturverträglichkeit. So gemütlich hätte ich’s mir in Haiming gemacht. Der Inn und die Ache schlingen sich um mich, und zwei schöne Siedlungsgebiete mit Ötztal Bahnhof und dem Haiminger Kern liegen dicht an mir. Viele Menschen von dort besuchen mich täglich. So erholsam sei ich anscheinend, sagt man. Und trotzdem wird  gestritten. Über die Größe, was von mir wichtig ist oder eben nicht. Ja und ob jetzt da oder dort ein Zeh oder ein Finger von mir fehlt, sei zu verkraften. Dabei bin ich ja eh schon vielen Orts zerrissen. Komm mir vor wie eine löchrige Jeans. Das mag ja modern sein, aber wenn es dann zu viele Löcher sind, wird man schon mal weggeworfen. Es gibt genug Geschwister von mir, denen es so ergangen ist. Aber auch Freunde, die es geschafft haben,  kenne ich,  Silzer Pirchet und Roppener Forchet zum Beispiel. Auch die Feldringer Böden aus meiner Region haben derweilen einmal ein bisschen Ruhe vor Verbauung. So schön hat uns Mutter Natur werden lassen. Artenvielfalt und Reichtum, sowohl an Pflanzen als auch an Tieren, hat sie uns geschenkt. Die Menschen brauchen das, sagt sie, nur viele vergessen manchmal darauf und schauen nicht mehr so genau hin. Der Alltag und die Schnelllebigkeit halten die Leute auf Trab. Und was macht mein Vormund, das Land Tirol. Beschäftigt sind sie, viel Arbeit und andere Sorgen haben unsere politischen Vertreter, so liest man. Dabei übersehen sie, dass man über das Raumordnungskonzept bereits an mir sägt. Habe keine Zeit mehr für Diskussionen, Gutachten oder Bewertungen, oder wie man das am Ende eben auslegt. Wenn ihr was für mich tun wollt, dann schützt mich bitte. Packt mich in einen Mantel, der mich für die Zukunft und für eure Nachkommen lebenswert macht. Ihr und eure Kinder werden davon profitieren, das verspreche ich euch.

Euer Haiminger Forchet

(Thomas Praxmarer, Haiming)