Tirols Gletscherschutzgesetzgebung mangelt es an Glaubwürdigkeit
Es bestand die Hoffnung, dass nach der Verordnung einer UVP-Pflicht für die eingereichten Erweiterungsprojekte am Mittelberg- und Gepatschferner die Pitztaler und Kaunertaler Gletscherbahnen auf weitere Schritte verzichten werden.
Doch es kam anders. Die Betreiberin bekämpft die Bescheide und möchte so der aufwändigen Umweltverträglichkeitsprüfung entgehen. Dabei kann man Beate Rubatscher-Larcher kaum Vorwürfe machen, wenn sie alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft und dabei an die Erfahrungen der Vergangenheit anknüpft.
Tirols Landespolitik hat die Liftbetreiber:innen und Touristiker:innen über Jahrzehnte hinweg hofiert und praktisch alle Anträge auf Neuerschließungen und Erweiterungen genehmigt. Oft haben es die Seilbahner nicht einmal der Mühe wert gefunden, bei den Behörden nachzufragen, man baute und rechnete mit der nachträglichen Genehmigung, die in der Regel auch erfolgte. Gerade im Pitztal hat diese Vorgangsweise eine lange Tradition. Bereits 2006 wurde illegal eine Talabfahrt errichtet, die nachträglich als "Notweg" von der Behörde genehmigt wurde. 2018 wurde - wieder ohne behördliche Genehmigung - eine Pistenverbreiterung im Bereich des Gipfelgrates am Hinteren Brunnenkogel durchgeführt. Nach einer Anzeige verordnete die Behörde einen Rückbau.
Die eigentliche Ursache für diese Entwicklung liegt in der mangelnden Glaubwürdigkeit der Tiroler Naturschutzgesetzgebung und ihrer mehr als halbherzigen Umsetzung. Diese zeigt sich jetzt auch wieder in der sogenannten Novellierung des Tiroler Seilbahn- und Schigebietsprogramms (TSSP), die diesen Namen nicht verdient, denn der vorliegende Entwurf gleicht dem bestehenden Regelwerk wie ein Ei dem anderen. Fixe Ausbaugrenzen - Fehlanzeige. Auch der im Tiroler Naturschutzgesetz verankerte absolute Gletscherschutz ist nur eine Worthülse angesichts der aktuellen Ausbaupläne im unberührten Gletschergebiet. Bei den Tiroler Bürger:innen hat sich so der Eindruck verfestigt, man könne als Seilbahnunternehmen ungestraft mit der Behörde "Schlittenfahren".
Die Bürgerinitiative Feldring bekämpft seit Jahren diese Politik der fortschreitenden Naturzerstörung und hat inzwischen eine große Anhängerschaft. Nach der mit mehr als 173.000 Unterschriften erfolgreichen Petition gegen die sogenannte Gletscherehe hat auch die aktuelle Petition gegen den weiteren Ausbau der Gletscherskigebiete die 100.000er Marke übertroffen. Wir haben die Petition jetzt europaweit aufgesetzt, da die Bedrohung der Naturräume durch Übererschließung und Übernutzung im gesamten Alpenbogen ähnlich ist und wir der Meinung sind, dass auch unsere Touristen aus dem Ausland das Recht haben, über die geplanten Eingriffe in ihrem Urlaubsland informiert zu werden und ihre Meinung zu artikulieren.
In diesem Zusammenhang haben wir auch das Netzwerk PAN (Protect Alpine Nature) gegründet, dem bereits Mitglieder aus Deutschland, Italien und Österreich angehören. Demnächst wollen wir auch die übrigen Alpenländer zur Mitarbeit einladen.
Mit dem Rückhalt in der Bevölkerung und der Unterstützung vieler Umweltorganisationen werden wir den Druck auf die Entscheidungsträger für eine naturverträgliche Politik erhöhen, auch im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen. Hohe Lebensqualität ist ohne intakte Umwelt nicht möglich.